Die Staatsregierung und der Schutz des Trinkwassers

Anmerkungen zur Pressekonferenz der Bayerischen Staatsregierung vom 21.6.2023 von Jenny Radeck

Am 21. Juni 2023, im (bis auf 2021) 5. Dürrejahr in Folge, stellten Ministerpräsident Söder, Landwirtschaftsministerin Kaniber und Umweltminister Glauber Ergebnisse vom „Runden Tisch zu Wasserhaushalt und Wasserversorgung“ im Rahmen einer Pressekonferenz (PK) vor. Dabei wurden der Ernst der Lage beschworen und zukünftige Zielkonflikte zwischen Wassernutzung durch die Landwirtschaft und Trinkwasserschutz angedeutet. MP Söder am Ende der PK: „Es wird nicht ganz ohne Kontroversen laufen“.

Konfliktpotential wurde beim Thema Ausweitung von Wasserschutzgebieten verortet. Akuten Handlungsbedarf diesbezüglich schien man allerdings nicht zu sehen.

Zielkonflikte
zwischen
Wassernutzern

Denn, wie Glauber ausführte, auch wenn andere Bundesländer in der Fläche mehr Wasserschutzgebiete hätten – die 5 Prozent, die Bayern habe, „die funktionieren!“ Kleiner Seitenhieb auf die seit Langem von den Grünen erhobene Forderung sein, endlich auch in Bayern 15 Prozent der Fläche für den Wasserschutz auszuweisen, wie in anderen Bundesländern üblich.

Man wolle Bayern zukünftig sozusagen schwammiger machen. Böden und Flächen sollen in Stand gesetzt werden, mehr Wasser in der Fläche zu halten. Immerhin ein konkretes Vorhaben dazu, das sich an die Kommunen richtet, wurde benannt: 90 Prozent Förderung für die Renaturierung von Gewässern 3. Ordnung. Das ist ein Anliegen, das wir bei unserer Begehung der Kranzberger Flur mit dem Biologen Manfred Drobny im April 2022 und nach unserer Amper-Wanderung im Mai diesen Jahres für Kranzberg schon aufgezeigt und sogar bei unserem Bürgermeister vorgetragen hatten. Ohne Erfolg. Wir Grünen in Kranzberg wünschen uns: Wieder etwas mehr Fläche für Gräben und Bäche in den Kranzberger Fluren, auch für unsere Amper und ihren wertvollen Auwald. Zwei Fliegen mit einer Klappe: Arten- und Wasserschutz. Und nun scheint es endlich Geld dafür vom Freistaat zu geben! Wir möchten Bürgermeister Hammerl und unsere Gemeinderäte auffordern: Schaut doch mal, ob da was geht!

Entsalzungs-
Anlagen an
Nord- und Ostsee

Im Rahmen der innerdeutschen Wasser-Solidarität hatte Söder einen heißen Tipp an die von Dürre geplagten nördlichen Bundesländer: Entsalzungsanlagen an Nord- und Ostsee.

Selber zeigt Bayern allerdings Begehrlichkeiten, die Fragen für Baden Württemberg aufwerfen. So titelte der „Schwarzwälder Bote“ am 19. September 2022: „Trinken die Bayern bald unseren Bodensee leer?“ Diese Befürchtung zielt auf die Pläne der Bayerischen Staatsregierung, eine Fernwasserstraße zu installieren. Wasser aus dem Bodensee soll ins besonders trockene Franken fließen. Idealerweise über das von Baden Württemberg aufgebaute Leitungsnetz. Denn der Bodensee, so Söder mit hintergründigem Lächeln, gehöre auch den Bayern. Ob man denn da schon mit den anderen Bodensee-Anrainern im Gespräch sei, so die Frage eines Pressevertreters. Das geschehe bereits partnerschaftlich.

Landwirtschaftsministerin Kaniber gab mit eindrücklichen Worten Einblick in die Sorgen der von ihr vertretenen Landwirte. Dabei sei es „großartig“, gewesen, dass die Landwirtschaft „in der Priorität“ mit am Tisch sitzen und „einen Aufschlag machen durfte“ bei diesem „hochemotionalen Thema“, diesem „Wettlauf gegen die Zeit, gegen den Klimawandel“, dem es „die Stirn zu bieten“ gelte.

Dem Klima-
Wandel die
Stirn bieten

„Ernteprognosen
in schwierigem
Licht“

Aber auch das Wort „Nutzungskonflikt“ fiel. Wo ihre Priorität liegt, teilte die Landwirtschaftsministerin in Form eines Bonmots mit: Trinkwasser sei das Lebensmittel Nr. 1 – aber ein Leben ohne Lebensmittel werde auch nicht funktionieren. Die in mir aufkeimende Frage: Was ist besser – verhungern oder verdursten? ließ Frau Kaniber offen, beschritt aber im Folgenden einen kunstvoll konstruierten rhetorischen Schleichweg.

Auf das Wort „Wassersparen“ folgte eine lyrische Umschreibung für drohende Missernten – „Ernteprognose in schwierigem Licht“ – um mit „ethischer Verantwortung“ für die Menschen bei uns und in Gesamteuropa fortzufahren und schließlich der Sorge über die durch Wassersparen bedrohte „Ernährungssouveränität“ Ausdruck zu verleihen: Wenn die bayerischen Landwirte Wasser sparen müssten, sei man nämlich gezwungen, Lebensmittel aus Regionen Europas einzuführen, die viel weniger Wasser hätten als wir. Und in Deutschland benötige man für den Anbau von 1 kg Weizen 60 % weniger Wasser, als im weltweiten Vergleich. Bei mir kam an: Wenn auch die bayerischen Landwirte jetzt Wasser sparen sollen, dann wird es den Menschen in anderen Ländern viel schlechter gehen … aber vielleicht bin ich da irgendwo falsch abgebogen.

Immerhin, man wolle in den nächsten 5 Jahren 30 Millionen Bäume pflanzen, um die Bayerischen Wälder als „Wassertresor“ auszubauen. Aber die Spaßbremsen von der Süddeutschen haben schon nachgerechnet: 30 Millionen Bäume in 5 Jahren ergeben eine Waldfläche von knapp 750 Hektar. Angesichts der Fläche von 2,6 Millionen Hektar Wald in Bayern also höchstens ein Tresörchen auf dem heißen Stein.

Dass die Lage ernst und weiteres Zuwarten nicht angebracht sei, darüber ließen Söder, Glauber und Kaniber keine Zweifel. Aber, so eine Journalistenfrage, warum denn dann der Wasser-Cent, den Söder im Wahlprogramm hatte, bisher noch nicht eingeführt worden sei? In anderen 13 Bundesländern gebe es diese Wasserentnahmegebühr schon längst. Antwort Söder: Nach der Wahl. Und wie man zukünftig die Wasserentnahme kontrollieren wolle? Digital. Hintergrund-Info: Aktuell setzen die Behörden auf eigenverantwortliches Handeln der Wasserrechte-Inhaber. Kontrollen finden nur stichprobenartig und anlassbezogen statt. Tatsächlich haben die Behörden in Bayern keinen Überblick, wie viel Wasser durch Gewerbe, Industrie und Landwirtschaft entnommen wird. Aber digitale Funkwasserzähler sollen zukünftig Klarheit bringen, wer wann wieviel entnimmt. Ein Pilotprojekt soll 2024 in Unterfranken starten.

Mein Fazit: Nach mehreren Dürrejahren und – frei nach Kaniber – europaweiten Ernteprognosen in schwierigem Licht sind wir ja schon mal froh über den ersten Runden Tisch zu Wasserhaushalt und Wasserversorgung der Bayerischen Staatsregierung. Aber, ganz ehrlich, wenn es in dem Tempo weitergeht, mache ich mir schon Sorgen – obwohl ich keinen Swimmingpool habe. Darauf bezog sich die letzte Pressefrage: Ob denn dann zukünftig das Befüllen privater Pools verboten werde? Der Landesvater beantwortete dies sinngemäß mit einem klaren „Jein“. Man will ja keine Verbotspartei sein. Verstehe ich.