Am 24.6. gab’s Besuch vom Bewerber für das Landratsamt: Kandidat Stephan Griebel aus Zolling kam zum Grünen Stammtisch nach Kranzberg und stellte sich unseren Fragen.

Informative Runde beim Metzgerwirt: Stephan Griebel, 3. von rechts, ließ keine Frage offen.
Lebens- und berufserfahren, aber mit 56 Jahren immer noch offen für Neues, neugierig auf Menschen und was sie bewegt und mit klarer Haltung – so stellte sich Stephan Griebel beim Grünen Stammtisch in Kranzberg Ende Juni vor, wenige Tage vor seiner offiziellen Nominierung als Landratskandidat für die grüne Liste. In der Stammtischrunde, darunter Bürgermeister Hammerl und Gemeinderätin Monika Mühl, beantwortete Griebel Fragen zu seinem politischen Programm für den Landkreis und zu seiner Person.
Die Muster hinter den Dingen sehen
„Machen“ ist sein Motto, aber vorher will er zuhören und Daten, Fakten, Hintergründe verstehen. Die Muster hinter den Dingen sehen – das interessierte ihn schon beim Studium der Mathematik und Physik auf Lehramt. Der Berufseinstieg erfolgte in der Wirtschaft, bei Texas Instruments in Freising, wo er seit 28 Jahren in wechselnden Funktionen zuständig für die Produktentwicklung tätig war. Heute ist er leitender Funktion tätig und bringt seine Expertise in den Dialog mit bildungspolitischen Entscheidern auf Ebene der europäischen Kommission ein.
Was hat er als Landrat vor?
Wie blickt der Landratskandidat auf den Landkreis und was hat er als Landrat vor? Zunächst die Bestandsaufnahme: Der Landkreis sei heterogen, der nördliche Teil eher landwirtschaftlich geprägt, der südliche eher Metropolregion. Das habe Auswirkungen auf die Gemeinden. Beispiel Hallbergmoos: Dort ist eine hohe Fluktuation, jährlich ziehen etwa 10 Prozent der Bevölkerung entweder weg oder zu. Das müsse man wahrnehmen, findet Griebel. Kommunen sollten mehr sein, als reine Wohnquartiere. Zielgenaue Wirtschaftsförderung sei deshalb wichtig, um Arbeitgeber vor Ort zu finden. Um Menschen wieder an Orte zu binden, damit Kommunen lebenswerte Gemeinschaften sein können.
Weiter konstatiert Griebel: „Der Landkreis nutzt seine Potentiale nicht aus.“ Problematisch sei, dass es seit 13 Jahren keinen abgeschlossenen Haushalt gebe, und auch, dass das Landratsamt seine Attraktivität als Arbeitgeber noch steigern könne. „Da stimmt was nicht.“ Hier gelte es, zuzuhören und zu analysieren, wo es hakt. Dass es hakt, konnte auch Bürgermeister Hammerl mit einer Realsatire aus dem Rathaus bestätigen: Unerbittlich verlange das Amt von der Gemeinde, ein detailliertes Entwässerungskonzept für ein Baugebiet zu übermitteln, dessen Bebauung aber noch gar nicht bekannt sei, weshalb man über die Entwässerung konkret nichts sagen könne – eine bürokratische Posse, die viel Zeit, Geld und Energie verbrenne.
Kennzeichen: sozial engagiert
Schon als Jugendlicher übernahm Stephan Griebel in der Jugendarbeit Verantwortung und wurde Jugendleiter. Nach Offiziersausbildung im Wehrdienst, Studium und Referendariat zog er ins Ampertal. In Zolling gründete er 2016 gemeinsam mit der Nachbarschaftshilfe einen Helferkreis für Geflüchtete mit den Ziel, durch Integration die dörfliche Gemeinschaft als Ganzes zu stärken. Seit 2020 hat er den Vorsitz der Unabhängigen Bürger Zolling inne.
Bürokratieabbau allein ist für Stephan Griebel jedoch zu wenig. Entscheidend sei die Verknüpfung mit einer Vision für den Landkreis als Motivation für die Verwaltung. Schauen, wie und warum es andere besser machen und sich inspirieren lassen. Der Austausch mit kommunalen Spitzenverbänden sei deshalb besonders wichtig. Und auch Vorbilder auf kommunaler Ebene schaffen: Kommunen unterstützen, um Leuchtturmprojekte umzusetzen. „Einer muss anfangen. Dann machen die anderen auch mit.“
Vision als Motivation
Große Baustellen im wahrsten Sinne des Wortes sind für Stephan Griebel die landkreiseigenen Schulen. Auch die flächendeckende medizinische Versorgung wird ein wichtiges Thema sein, denn viele Arztpraxen finden keine Nachfolger. Eine Lösung könnten Gesundheitszentren darstellen. Eine klare Haltung hat er zum Flughafen, den er befürwortet, und zur 3. Startbahn, die er ablehnt „Wenn London Heathrow mit 2 Bahnen auskommt, sollte München das auch schaffen.“ Die Event-Arena sieht er skeptisch: „Die zieht vorhersehbar noch mehr Flugverkehr an und macht den Münchner Veranstaltungsorten unnötige Konkurrenz.“
Luft nach oben sieht er bei der Energiewende im Landkreis. Kleiner Wink an die Gastgeber: Gemeinden dürfen sich nicht auf den erneuerbaren Energien ausruhen, die in Form von Wasserkraft vor über 100 Jahren etabliert wurden. Auch hier verweist er auf die Kraft von Vorbildern: Wenn Gemeinden mit in der Praxis erfolgreichen Projekten vorangehen, ziehen andere nach. Bewegen will er die Menschen durch Motivation, nicht durch Konfrontation. „Fronten erzeugen nur Widerstand“.
Nach fast zweistündigem angeregten Gespräch über weitere Themen wie Wohnungsmangel, ÖPNV und einem klitzekleinen Exkurs zum großen bayerischen Reformer Montgelas – offenbar ein Vorbild für Griebel – kamen die Abschlussfragen an den Kandidaten: Was denn dessen Lieblingsprojekt in der Vergangenheit gewesen sei? „Das Anlegen von artenreichen Streuobstwiesen mit hunderten Bäumen, bezuschusst vom Amt für ländliche Entwicklung. Das Schöne war, dass auch Leute ohne eigenen Garten einen Baum pflanzen konnten.“ Und womit wolle er in den Wahlkampf starten: „Mit Zuhören!“